Es ist unbestreitbar, dass das Corona-Virus vor allem die Länder Südeuropas besonders hart getroffen hat. Italien trat als anfängliches Epizentrum der Pandemie auf, weniger später folgte auch Spanien. Die Zahlen schossen derart schnell in die Höhe, dass die Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez sich gezwungen sah, eine strenge Ausgangssperre zu verhängen.

Diese strikten Ausgangsbeschränkungen limitierten die Bewegungsfreiheit der Spanier stark. Nur noch für notwendige Besorgungen wie etwa den Einkauf von Lebensmitteln, Arztbesuche oder Spaziergänge mit dem Hund darf man das Haus verlassen. Letzteres ist selbsterklärend: Wer bereits einmal versucht hat, einen bewegungshungrigen Hund, der zudem noch sein Geschäft erledigen muss, im Haus zu halten, weiß, wie aussichtslos das ist. Daher ist diese Regelung für das Gassigehen eine durchaus notwendige Maßnahme.

Steigende Adoptionszahlen in der Krise – Zuneigung oder Kalkül?

Diese Ausnahmeregelung hatte jedoch einen ungewöhnlichen Effekt zur Folge, der zuerst nicht direkt damit in Verbindung gesetzt werden konnte. In Tierheimen in ganzen Spanien, ob in der Hauptstadt Madrid oder im südlichen Córdoba, wurden eine stark steigende Zahl von Adoptionsanträgen für Hunde registriert. Tausende Tiere wurden nach der üblichen Überprüfung bereits an ihre neuen Besitzer übergeben, die sie mit nach Hause nehmen durften.

Die soziale Isolation in der Corona-Krise durch die strengen Ausgangsbeschränkungen der spanischen Regierung ist unbestreitbar real. Familien können sich nicht mehr besuchen, Kinder vermissen ihre Schulfreunde und Jung sowie Alt müssen sich auf die eigenen vier Wände beschränken. Da ist ein Hund eine Freude im Alltag, der die Einsamkeit wirkungsvoll lindert und vor allem Alleinstehenden eine tröstliche Gesellschaft ist.

Umweltbehörden und Tierschutzorganisationen wie die Vereinigung Libera Castilla y León sehen die hohe Zahl an adoptierten Hunden unter einem äußerst kritischen Blickwinkel. Sie befürchten, dass das neu entflammte Interesse an Hunden aus Tierheimen hauptsächlich auf die Ausnahmen im Rahmen der Ausgangssperre zurückzuführen ist. Um das Wohl der Tiere gehe es gar nicht in erster Linie, sie seien eher ein Mittel zum Zweck, um die Wohnung verlassen zu dürfen.

Tierschutzorganisationen sehen aktuelle Entwicklungen mit Sorge

Arantxa Sanz, die Sprecherin der Tierschutzorganisation Sociedad Protectora de Animales y Plantas in Madrid, sieht im Falle einer solchen Adoption das Tierwohl in Gefahr. Es geschehe dann nicht aus den richtigen Motiven und sei eine Gefahr für das Wohlergehen des jeweiligen Hundes, so Sanz.

Tierschützer wie Nuria Nieto von dem Verein Libera Castilla y León befürchten zudem, dass nach dem Ende der Ausgangssperren die aus Gründen der Bewegungsfreiheit adoptierten Hunde ausgesetzt würden. Ihre Besitzer würden dann in die Normalität zurückkehren, wo Arbeit und andere Verpflichtungen die angemessen Pflege für ein sozial anspruchsvolles Tier wie einen Hund unmöglich machten.
Argwohn erweckten auch Angebote im Internet, die einen Hund für die Dauer eines Gassigangs verleihen wollten. Gegen eine stündliche Gebühr hatten Menschen so die Möglichkeit, durch einen ausgeliehenen Hund die Ausgangssperre zu umgehen. Mittlerweile wurde die Webseite zur Anzeige gebracht, ähnliche Offerten sollen von nun an unterbunden werden.

Fazit

Ein Hund ist ein wertvoller Begleiter in jeder Lebenslage, der jedoch Pflege, Aufmerksamkeit und Zeit braucht. Wer bereits vor der Corona-Krise aus einer Vielzahl von Gründen dies nicht aufbringen konnte, sollte jetzt ebenfalls Abstand von einer Adoption aus dem Tierheim nehmen. Denn das Wohl eines Tieres wiegt letztendlich immer stärker, als kurzzeitige menschliche Bedürfnisse nach Ausgangs oder Gesellschaft.