Wenn du an Andalusien denkst, kommen dir wahrscheinlich Sonne, weiße Dörfer und Flamenco in den Sinn. Doch da gibt es noch etwas, das tief in der Seele dieser Region verankert ist: Sherry. Ein Getränk, das nicht nur eine jahrhundertealte Tradition hat, sondern auch ein wahres Symbol andalusischer Lebensfreude ist. Sherry ist nicht einfach nur ein Wein – er ist das Herz Andalusiens in einem Glas.
Die Herkunft: Nur hier wächst der echte Sherry
Um eines direkt klarzustellen: Echter Sherry kommt nur aus Andalusien, genauer gesagt aus dem sogenannten „Sherry-Dreieck“. Dieses Gebiet umfasst die Städte Jerez de la Frontera, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa María. Hier, in der heißen Sonne Südspaniens, reifen die Trauben, die dem Sherry seinen einzigartigen Charakter verleihen. Die Böden, überwiegend aus weißem Kalkstein, der sogenannte „Albariza“, reflektieren das Sonnenlicht und sorgen dafür, dass die Trauben besonders reich an Zucker werden – die perfekte Grundlage für Sherry.
Die Herstellung: Ein komplexes Spiel der Natur
Was Sherry so besonders macht, ist die Art seiner Herstellung. Dieser Wein durchläuft einen ganz speziellen Prozess, der „Solera“ genannt wird. Dabei werden verschiedene Jahrgänge in Fässern übereinandergeschichtet. Jedes Jahr wird ein Teil des ältesten Weins entnommen und durch jüngeren ersetzt. So entsteht ein Wein, der über viele Jahre hinweg gereift ist und eine unglaubliche geschmackliche Tiefe entwickelt. Ein weiteres spannendes Detail ist die sogenannte „Flor“. Das ist eine Hefeschicht, die sich bei einigen Sherry-Sorten auf der Weinoberfläche im Fass bildet. Sie schützt den Wein vor Sauerstoff und verleiht ihm ein unverwechselbares Aroma. Die Natur spielt hier die Hauptrolle, denn die Flor-Hefe bildet sich nur unter ganz bestimmten klimatischen Bedingungen – und die gibt es eben nur in Andalusien.
Die Vielfalt des Sherry: Von trocken bis süß
Sherry ist nicht gleich Sherry. Je nachdem, wie der Wein ausgebaut wird, entstehen ganz unterschiedliche Sorten. Hier eine kleine Übersicht:
- Fino: Ein heller, trockener Sherry, der unter der Flor-Hefe reift. Perfekt als erfrischender Aperitif.
- Manzanilla: Ähnlich wie Fino, aber aus Sanlúcar de Barrameda stammend, wo das kühlere Meeresklima einen noch feineren und frischeren Geschmack entstehen lässt.
- Amontillado: Dieser Sherry beginnt seine Reifung wie ein Fino, verliert aber irgendwann die schützende Flor-Hefe und oxidiert leicht. Das Ergebnis: Ein komplexer Sherry mit nussigen Aromen.
- Oloroso: Hier entfaltet der Sherry seine volle Kraft. Ohne die Flor-Hefe reift er oxidativ und wird dunkler, kräftiger und voller im Geschmack.
- Pedro Ximénez: Für die Süßliebhaber! Dieser Sherry wird aus getrockneten Pedro-Ximénez-Trauben hergestellt und ist ein wahres Dessert im Glas – reich, sirupartig und voller Aromen von Rosinen, Feigen und Karamell.
Sherry und Andalusien: Eine Liebesgeschichte
Sherry ist mehr als nur ein Getränk – er ist ein Stück andalusische Kultur. Wenn du durch die Straßen von Jerez schlenderst, wirst du überall auf Zeichen dieser Tradition stoßen. Hier gibt es die „Bodegas“, die Weinkeller, in denen der Sherry jahrelang reift, oft unter uralten, mit Kreide bemalten Wänden. In diesen Kellern wird nicht nur der Wein aufbewahrt, sondern auch die Geschichte von Generationen, die ihr Leben dem Sherry gewidmet haben.
Die Fiestas in Andalusien sind ohne ein Glas Sherry kaum vorstellbar. Ob bei der berühmten „Feria de Jerez“, bei der die Frauen in bunten Flamenco-Kleidern tanzen, oder bei den familiären Tapas-Abenden in einer typischen Bar – Sherry gehört einfach dazu. Er bringt die Menschen zusammen, erzählt Geschichten und verbindet Tradition mit modernem Genuss.
So genießt du Sherry am besten
Der größte Fehler, den man machen kann? Zu glauben, Sherry sei nur etwas für die ältere Generation! Richtig serviert, ist Sherry ein vielseitiger Begleiter zu vielen Gerichten – und das sowohl bei einem festlichen Menü als auch bei einem entspannten Abend mit Freunden.
- Fino und Manzanilla: Diese trockenen Sherrys sind die perfekte Begleitung zu Meeresfrüchten, Oliven und Mandeln. Sie sollten gut gekühlt serviert werden, am besten bei etwa 7 bis 9 Grad.
- Amontillado und Oloroso: Diese kräftigeren Sherrys passen wunderbar zu Fleischgerichten, reifem Käse oder auch einer herzhaften Paella.
- Pedro Ximénez: Ideal zu Desserts – besonders zu Schokolade, Vanilleeis oder Blauschimmelkäse. Du wirst überrascht sein, wie gut diese Kombinationen harmonieren!
Sherry erleben
Wenn du wirklich in die Welt des Sherrys eintauchen möchtest, lohnt sich eine Reise ins Sherry-Dreieck. Hier kannst du nicht nur die atemberaubende Landschaft Andalusiens genießen, sondern auch in die Bodegas eintreten, die teils Jahrhunderte alt sind, und den Sherry direkt vor Ort probieren. Jerez de la Frontera ist zudem jedes Jahr Schauplatz des „Feria del Caballo“, einem Festival, bei dem Sherry und andalusische Reitkunst gefeiert werden. Ein Erlebnis, das du so schnell nicht vergessen wirst!
Fazit: Mehr als nur ein Getränk
Sherry ist ein Stück andalusisches Lebensgefühl – ein Wein, der die Wärme der Region, die Handwerkskunst der Winzer und die Schönheit der Tradition in sich vereint. Wenn du also das nächste Mal ein Glas Sherry in der Hand hältst, denke daran: Du hältst ein Stück Andalusien. Ein Stück Geschichte. Ein Stück Leidenschaft. Salud!