Schwarzarbeit ist ein Problem. Klar, sie belastet die Staatskasse und ist illegal. Doch viel mehr noch belastet es diejenigen, die in dieser Art Beschäftigung gefangen sind. Denn Schwarzarbeit oder besser das Arbeiten in der Schattenwirtschaft drängt die Arbeitenden in eine Situation völliger Abhängigkeit und Schutzlosigkeit: man darf nicht krank werden oder ausfallen. Und an Rente oder Absicherung im Alter ist nicht zu denken.

„Wenn die Leute über die Schattenwirtschaft sprechen, denken sie zuerst an das Steuerproblem, aber für mich sind die sozialen, Arbeits- und Lebensbedingungen wichtiger“, sagt Antoni Ybarra, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Alicante, einer der spanischen Provinzen mit der größten Schattenwirtschaft, 25,9 % nach den Zahlen der Gewerkschaft der Steuertechniker (Gestha).

Er hat unerträgliche Arbeitsbedingungen, Werkstätten ohne Toiletten oder fließendes Wasser und Temperaturen von über 40 Grad erlebt. Metall- oder Uryllitdächer, die den Arbeitern an Tagen ohne feste Arbeitszeiten oder an Feiertagen Schatten spenden sollen, und Lohn-Umschläge, die manchmal vollständig leer sind. ‚Ich bezahle dich, wenn ich kann, und wenn ich dich nicht bezahle, kannst du es vergessen.‘

Trotzdem ermöglicht die Schattenarbeit auf den ersten Blick vielen Menschen ein gewisses Einkommen und Privatpersonen Dienstleistungen, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Das ist die Sonnenseite. Die Schattenseite ist düsterer: die Ressourcen, die dem Land entgehen, sind enorm. Fortschrittlichere Länder versuchen, diesen Verlust zu verringern, indem sie diese Tätigkeit in die formelle Wirtschaft einbeziehen. Wie bereits erwähnt, leben die Arbeiter in prekärsten Bedingungen.

Und die Strafen für Schwarzarbeit sind hoch:
geringfügige Verstöße liegen zwischen 60 € und 625 €, schwere Verstöße zwischen 626 € und 6.250 € und sehr schwere Verstöße zwischen 6.251 € und 187.515 €. Zu Unrecht erhaltene oder nicht korrekt verwendete Beträge müssen von den Unternehmen zurückerstattet werden. Es kann zu einem vorübergehenden Verlust von Renten oder Leistungen oder zur Einstellung von Subventionen kommen. Zuwiderhandelnde Arbeitnehmer können ihre Rechte als Arbeitssuchende verlieren. Wenn sie Ausländer sind, können sie ausgewiesen werden. Wer Ausländer ohne Genehmigung beschäftigt, muss mit einer Geldstrafe von 10.000 Euro pro Arbeitnehmer rechnen.

Warum ist Schattenwirtschaft gerade in Spanien ein Problem?
In einem Land mit einer Arbeitslosigkeit von fast 14 % und knapp 3,2 Millionen Arbeitslosen werden schätzungsweise 8 % des BIP durch Arbeitsbetrug erwirtschaftet. Eine Zahl, die laut dem Bericht „La economía sumergida en España“ (Die Schattenwirtschaft in Spanien) der Fundación de Estudios Financieros einer Million Arbeitsplätze entspricht.

Doch die wirtschaftliche Situation ist generell angespannt: wer in eine Festanstellung geht, muss oft mit dem Mindestlohn (6.06 EUR/h) und einer geringen Flexibilität beim Arbeitgeber leben. Wer sich selbstständig machen will, hat monatlich knapp 300 EUR Kosten zu tragen – ein Betrag, der bei einer Tätigkeit im Mindestlohnbereich kaum zu stemmen ist.

Made in Spain – ein Qualitätsmerkmal?
Wer kennt es nicht: wir gehen in Spanien einkaufen und freuen uns über den echten Lederschuh, „Made in Spain“: das Gefühl, regionale Hersteller zu unterstützen und gute Qualität zu kaufen. Man denkt nicht wirklich darüber nach, unter welchen Bedingungen dieser Schuh entstanden ist. Eine Reportage bei Elmundo legt dies offen: gerade in diesem Sektor ist Ausbeutung an der Tagesordnung. Löhne von 600 EUR im Monat, Überstunden, die nicht abgegolten werden, Berufskrankheiten, die nicht anerkannt werden. Im Süden von Alicante befinden sich die meisten Schuhfabriken Spaniens, und seit Ende der 1980er Jahre haben sich die Bedingungen rapide verschlechtert. „Die Schwarzarbeit hat sich institutionalisiert“, erklärt Juan Antonio Maciá, Sekretär des Schuhverbands UGT, der den Sektor, in dem er selbst gearbeitet hat und der schätzungsweise 45 bis 50 % der Beschäftigung ausmacht, sehr gut kennt.

Die bekanntesten Marken stellen praktisch nichts mehr her, sondern dienen als Verkäufer, die die Arbeit an kleinere Unternehmen vergeben und immer niedrigere Preise verlangen. Wer den niedrigsten Preis bietet, erhält den Auftrag. Ungeachtet der Arbeitsbedingungen. „Und wie ist es profitabler? -Indem ich keine Sozialversicherung zahle“, sagt Juan Antonio.

Schwarzarbeit ist ein Problem. Nicht nur in Spanien. Doch es sollte jedem bewußt sein, der sich über die Putzfrau oder das Kindermädchen für 10 EUR die Stunde freut. Man mag im ersten Moment denken, dass man diesen Frauen hilft, in dem man sie beschäftigt. Doch Altersarmut und Illegalität sind realistische Bedrohungen, die nicht ignoriert werden sollten. Foto: Karolina Grabowska